Zukünfte, Visionen und Verantwortung – Ethische Fragen von Innovationsprozessen

  • Projektteam:

    Sand, Martin (Dissertation)

  • Starttermin:

    2014

  • Endtermin:

    2018

  • Forschungsgruppe:

    Innovationsprozesse und Technikfolgen

Projektbeschreibung

Spätestens seit dem Beginn der 90er-Jahre untersuchen die Technikfolgenabschätzung und die Technikforschung technologische Leitbilder und Technikvisionen als Einflussfaktoren auf die konkrete Technikentwicklung. Diese Studien gehen davon aus, dass Leitbilder das, was von den beteiligten Akteuren für machbar und wünschbar gehalten wird, zu einer kollektiven Projektion bündeln. Leitbilder homogenisieren Zukunftserwartungen und synchronisieren Wertungsprozesse im Prozess der Technikgestaltung. Der Technikvision, die bisher noch nicht klar vom Leitbild unterschieden wurde, spricht man ähnliche Funktionen zu. Technikvisionen erfahren seit einigen Jahren eine wachsende Aufmerksamkeit in der Technikfolgenabschätzung. Vor allem im Kontext der aufkommenden Nanotechnologie, die in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert wurde, zeigte sich, wie stark Visionen technischer Zukünfte die Wahrnehmung der neuen Technologien beeinflussen, Erwartungen wecken, aber auch Ängste schüren können. Schnell entwickelte sich eine Diskussion darüber, ob das, was in den Visionen ausgemalt wird, Bestandteil einer ethischen Reflexion sein soll und ob die Technikfolgenabschätzung lediglich dafür zuständig sei einen „reality check“ durchzuführen, also die Qualität der aufgestellten Prognose zu prüfen. Das von Armin Grunwald entwickelte Konzept einer „hermeneutischen Technikfolgenabschätzung“ kann als Versuch gelten, einen umfassenden methodischen Baukasten zu entwickeln, um die Technikvisionen auf „Herz und Nieren“ zu prüfen.

In den vergangenen zwei Jahren haben mehrere Arbeiten, die im Kontext der Technikfolgenabschätzung entstanden sind und auf den Vorarbeiten von Armin Grunwald und anderen (Coenen, Lösch, Böhle, Ferrari, Nordmann) aufbauen, auf die Rolle der Technikvisionäre und auf deren Verantwortung in der Technikgenese aufmerksam gemacht. Dabei sind viele Fragen aufgeworfen worden und vieles ist unklar geblieben. Werden Akteure, die sich an der Schnittstelle von Wissenschaft und Technik aufhalten und Technikvisionen verbreiten, ihrer spezifischen Rollenverantwortung gerecht? Überschreiten sie gar ihre Kompetenz, wenn sie sich auf das Terrain des Fiktiven begeben? Tragen sie die Verantwortung für die konkrete Technikgestaltung, die doch immer ein komplexer kollektiver und kooperativer Prozess ist? Geht es hier um eine moralische oder kausale Verantwortung, also Verantwortung für das, was verursacht wurde, oder womöglich nur das, was intendiert wurde? Diese Fragen soll das Dissertationsprojekt beantworten.

Die Dissertation versucht zunächst die Begriffe Leitbild und Vision komparativ zu schärfen und ihren Ort in der Technikdebatte der vergangenen Jahre zu skizzieren. Die Arbeit wird einen Verantwortungsbegriff entwickeln und der Frage nachgehen, ob „visionäre“ Praktiken Handlungen sind, die es möglich oder gar erforderlich machen, dass Verantwortung zugesprochen wird.

Administrative Daten

Referent: Prof. Dr. Armin Grunwald
Koreferent: N.N.
Doktoranden bei ITAS: siehe Promovieren am ITAS

Kontakt

Dr. Martin Sand
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS)
Postfach 3640
76021 Karlsruhe