Technik-Entscheidungen in Innovationsprozessen und die Verwendung von Indikatoren

  • Projektteam:

    Boavida, Nuno (Dissertation)

  • Starttermin:

    2009

  • Endtermin:

    2015

  • Forschungsgruppe:

    Innovationsprozesse und Technikfolgen

Projektbeschreibung

Die Dissertation fasst die Ergebnisse einer Forschungsarbeit zur Rolle von Indikatoren bei Entscheidungen über technische Innovationen zusammen. In der Literatur zur Innovations- und Technikfolgenabschätzung wurde eine Lücke im Bereich der Verwendung und des Einflusses von Indikatoren bei solchen Entscheidungen festgestellt. Da Indikatoren ein häufiger Bestandteil von Innovations- und Technikanalysen sind, erschien es wichtig, diese Lücke zu schließen. In der Untersuchung sollte die Verwendung von Indikatoren und ihr Einfluss auf Technikentscheidungen in Innovationsprozessen ermittelt werden, um die Rolle von Indikatoren bei diesen Entscheidungen beschreiben zu können und zu verstehen, auf welche Weise sie verwendet werden. Für Letzteres wurden vier mögliche Erklärungsfaktoren untersucht: Art und Phase der Entscheidung sowie Kontext und Prozess der Beweisführung. Die Analyse konzentrierte sich auf drei Innovationsgruppen in Portugal: Forscher im öffentlichen Sektor, FuEuI-Führungskräfte und politische Entscheidungsträger. Es wurde eine Kombination von Methoden wie z.B. Erhebungen, Fallstudien und soziale Netzwerkanalyse angewendet, um sowohl quantitative als auch qualitative Informationen zu generieren.

Die Untersuchungen ergaben, dass die Verwendung von Indikatoren und ihr Einfluss auf Technikentscheidungen nicht übereinstimmen. Indikatoren werden bei solchen Entscheidungen von allen Innovationsgruppen gleichermaßen häufig genutzt, während sie einen unterschiedlichen, im Allgemeinen geringeren Einfluss auf die tatsächlichen Technikentscheidungen haben. Dies deutet darauf hin, dass auch politische Verhaltensweisen in unterschiedlichem Maße zu den Entscheidungen beitragen. Die wichtigsten sozialen Einflussgrößen sind Hierarchien, wissensbasierte Kontakte und die Nutzer. Darüber hinaus zeigte sich, dass Indikatoren bei Entscheidungen von Politikern und privaten FuEuI-Führungskräften meist eine eher symbolische Rolle spielen, während ihre Rolle bei Wissenschaftlern differenzierter zu sehen ist. Indikatoren wurden unter anderem als hilfreiche Instrumente beschrieben, um eine sinnvolle Interpretation der Daten zu ermöglichen und unterschiedliche Optionen in Innovations- und Technikanalysen gegeneinander abzuwägen, insbesondere bei der Kontextualisierung, detaillierten Beschreibung und Diskussion der gewählten Optionen.

Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass es vier Hauptfaktoren gibt, die die Rolle von Indikatoren bei der Entscheidungsfindung mitbestimmen: Der erste Faktor, der hier zu berücksichtigen ist, ist die Art der Entscheidung. Es wurde deutlich, dass jede Art von Entscheidung einen unterschiedlichen Einfluss auf die Verwendung von Indikatoren hatte, und für jede Art von Entscheidung wurden unterschiedliche Arten von Indikatoren herangezogen. Die Ergebnisse für politische Entscheidungen unterscheiden sich beispielsweise deutlich von solchen, die für Entscheidungen über den Erwerb oder die Entwicklung von Produkten/Technologien ermittelt wurden. Zweitens kann die Phase des Entscheidungsprozesses Aufschluss darüber geben, welche Rolle Indikatoren bei einer Entscheidung spielen. Dabei kann zwischen zwei Phasen unterschieden werden, die bei allen Entscheidungen zu beobachten sind – vor und nach der Entscheidung –, sowie zwei weiteren Phasen, die den Entscheidungsprozess begleiten und in denen Indikatoren verwendet werden können. Der dritte wichtige Faktor ist der Entscheidungskontext, der insbesondere bei der Betrachtung von Indikatoren bei politischen Entscheidungen zu berücksichtigen ist. Der Entscheidungsträger kann beispielsweise je nach Kontext bestimmte Indikatoren auswählen oder übergehen. Darüber hinaus gibt es offenbar einen Zusammenhang zwischen der Beweisführung mittels analytischer Indikatoren und der jeweiligen politischen Auseinandersetzung. Der vierte und letzte Faktor, der sich auf die Verwendung von Indikatoren in Entscheidungen auswirkt, ist der Argumentationsprozess. Tatsächlich wurden Indikatoren und andere Belege entsprechend ihrer Verfügbarkeit und ihrer Eignung, die Argumente und Interessen der jeweiligen Akteure und Interessengruppen zu unterstützten, unterschiedlich in die Entscheidungsprozesse eingebracht. In einem Fall zeigte sich, dass ein Indikator im Laufe der Kontroversen, die er im Entscheidungsprozess durchlief, deutlich an Überzeugungskraft verlor. Es kann daher argumentiert werden, dass die Verwendung von Indikatoren zwar hoch ist, aber keinen sehr großen Einfluss hat; für politische Entscheidungsträger und bei Unternehmensentscheidungen spielen sie eine eher symbolische Rolle, während ihre Bedeutung in der Forschung variiert. Die Rolle von Indikatoren in der Entscheidungsfindung ist abhängig von der Art und der Phase der Entscheidung, sowie dem Kontext und dem Prozess der Argumentation. Die beiden Letzteren betreffen den Kontext, in dem sich der jeweilige Entscheidungsträger bewegt, sowie die jeweiligen Auseinandersetzungen und Kontroversen, die Einfluss darauf haben, wie Indikatoren in die Entscheidungsprozesse eingebracht werden.

Publikationen

Boavida, N.; Moniz, A.; Laranja, M.
Technology decisions: The relevance of indicators and the influence of social relations. In: Hinze, S.; Lottmann, A. (Hrsg.): Translational twists and turns: Science as a socio-economic endeavor Proceedings of STI 2013 Berlin, 04.-06.09.2013. Berlin: Institute for Research Information and Quality Assurance (iFQ) 2013, S. 510-515

Boavida, N.; Baumann, M.; Moniz, A. Brandão; Schippl, J.; Reichenbach, M.; Weil, M.
Technology transition towards electric mobility - technology assessment as a tool for policy design. Vortrag auf dem International Colloquium of GERPISA - The International Network of the Automobile. Paris, Frankreich, 12.-14.06.2013

Boavida, N.; Moniz, A. Brandão, Laranja, M.
Towards an assessment of Portuguese e-mobility: The Mobi-E case. Vortrag auf der European Technology Assessment Conference "Technology assessment and policy areas of great transitions". Prag, Tschechische Republik, 13.-15.03.2013

Boavida, N.
The use of indicators in technology decisions by innovation communities. Vortrag auf der International conference on "Technology, innovation and social change". Mumbai, Indien, 22.01.2013

Boavida, Nuno and Susana Moretto (2011)
Innovation Assessment of a Portuguese railway branch of a foreign multinational: A case study. In: Proceedings of the XIV Congreso Latino-Iberoamericano de Gestión Tecnológica – ALTEC 2011 (19-21 October 2011), Lima, Perú, p. 339: 587

Administrative Daten

Referent: Prof. Dr. António Moniz
Koreferent: Prof. Dr. Manuel Laranja (Universidade de Lisboa)
Doktoranden bei ITAS: siehe Promovieren am ITAS

Kontakt

Dr. Nuno Boavida
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS)
Postfach 3640
76021 Karlsruhe