Kultur der Kreisläufe. Der Kulturbetrieb als Lernumgebung für Klimaschutz, Ressourcenschutz und Circular Economy

Projektbeschreibung

Die Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft erfordert fundamentale Veränderungen im Umgang mit den natürlichen Ressourcen. Das Konzept der Circular Economy bzw. der Circular Society ist ein vielversprechender Ansatz, um den Ressourcenverbrauch durch das Schließen von Materialkreisläufen zu reduzieren. Seine Umsetzung ist jedoch nicht nur eine technische und regulatorische, sondern auch eine kulturelle Herausforderung. Denn die gegenwärtigen Weltsichten, Formen der Bedeutungsbildung, Wahrnehmungen, Beziehungen und Haltungen haben sich im Rahmen nicht nachhaltiger Lebensweisen herausgebildet und stabilisieren und perpetuieren diese. Für die Transformation zur nachhaltigen Gesellschaft ist die kulturelle Dimension daher ein tiefgreifendes Hemmnis, besitzt aber auch eine besonders starke Hebelwirkung. Die Kompetenz von Kunst- und Kulturschaffenden zur Gestaltung einer neuen Kultur der Nachhaltigkeit wird zwar zunehmend als relevant wahrgenommen. Worin deren Beitrag bestehen und wie das institutionalisierte Kulturschaffen den gesamtgesellschaftlichen Kulturwandel dynamisieren kann, ist jedoch kaum konzeptionalisiert. Diese Lücke adressiert das Forschungsvorhaben und will damit einen Beitrag dazu leisten, die genuine gestalterische Expertise der Praktiker*innen im Kulturbetrieb für die kulturelle Nachhaltigkeitstransformation nutzbar zu machen.

Wie alle anderen gesellschaftlichen Subsysteme ist der Kulturbetrieb zutiefst von nicht nachhaltigen Praktiken geprägt und hat darauf basierende Ästhetiken herausgebildet. Diese Praktiken werden derzeit infrage gestellt, denn auch im Kulturbetrieb wird zunehmend eine Umstellung der ressourcenintensiven Betriebsabläufe verlangt. So liegt in Deutschland seit 2023 ein eigens für die Kultur entwickelter CO2-Standard vor, der als Handreichung für die technische Nachhaltigkeitsbewertung dienen soll. Diese umzusetzen bedeutet für die Kulturinstitutionen sowohl eine immense organisatorische Herausforderung als auch eine Infragestellung ihrer gewohnten Art, Kultur zu produzieren und zu vermitteln. Die Forschungsarbeit analysiert diesen Zusammenhang und untersucht, welche Konsequenzen die technische Nachhaltigkeitsbewertung für die Praktiken der künstlerischen Akteur*innen in Kulturinstitutionen hat und wie sich dabei die ästhetischen Ausdrucksformen verändern. Dabei werden Erkenntnisse über deren Selbstkonzepte gewonnen und Hürden, Treiber sowie Anknüpfungspunkte für die Transformation der etablierten Handlungslogiken identifiziert.

Die CO2-Bilanzierung nach dem Kulturstandard erstreckt sich auf das gesamte betriebsökologische Spektrum. Sie eignet sich daher für die Gesamtschau und für die gesamtstrategische Ausrichtung, nicht aber für die feinkörnige Analyse und Steuerung einzelner Betriebsteile. Im Bereich des Ausstellungsdesigns besteht jedoch ein großer Bedarf an Instrumenten zur Erfassung und Steuerung von Materialflüssen. Es fehlen sowohl technische Informationen zu den Umwelteinflüssen der verwendeten Rohstoffe als auch Steuerungssoftware für das Monitoring. Hier setzt die Forschungsarbeit an und entwickelt in Kooperation mit einer Kulturinstitution und im Co-Design mit Ausstellungsgestalter*innen ein Erhebungs- und Steuerungsinstrumentarium, das das Materialwissen und die Bewertungsverfahren der Circular Economy in den Kontext der Ausstellungsgestaltung überträgt. Im Zentrum steht die spezifische Expertise der Ausstellungsgestalter*innen, Rohstoffe bzw. Material in ästhetisch schlüssige Anordnungen (Ausstellungsdisplays) zu übersetzen. Ziel ist es, in einem transdisziplinären Transformationsexperiment die Erfassung und Bewertung von Materialströmen mit künstlerischer Expertise zu verbinden. So soll der Prototyp eines Tools entstehen, das die Ausstellungsgestalter*innen in der Umsetzung von Materialreduktion und der Entwicklung genuiner ästhetischer Ausdrucksformen des nachhaltigen Kulturschaffens unterstützt. Die Ergebnisse des Transformationsexperiments sollen einerseits den Akteur*innen im Kulturfeld als valide Grundlage für die eigene Nachhaltigkeitstransformation dienen und andererseits eine Perspektive aufzeigen, wie der Kulturbetrieb als Lernumgebung für Klimaschutz, Ressourcenschutz und Circular Economy fungieren kann.

Administrative Daten

Referent: Prof. Dr. Armin Grunwald
Koreferent: Prof. Dr. Mario Schmidt (FH Pforzheim)
Doktoranden bei ITAS: siehe Promovieren am ITAS

Kontakt

Wanda Wieczorek, M.A.
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS)
Postfach 3640
76021 Karlsruhe

Tel.: 0721 608-26058
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