Reflexives Reallabor nachhaltige Technikgestaltung: Konzeption und Operationalisierung (RENATA)

Projektbeschreibung

Reallabore zählen zu den prominentesten Formen transformativer Nachhaltigkeitsforschung. Sie zielen darauf ab, gesellschaftliche Transformation zu initiieren, forschend zu begleiten sowie damit verbundene Lernprozesse zu ermöglichen. Dabei verstehen sich die am Reallabor Mitwirkenden selbst als Teil der intendierten Transformation.

Die Reflexion auf Technik und Technikgestaltung im Kontext gesellschaftlicher Transformationsprozesse findet in der Reallaborarbeit bislang noch nicht im angemessenen Umfang statt. Entweder bewegen sich Reallabore abseits technischer Inventionen, oder diese werden als gegeben betrachtet und die Gestaltung zielt auf die mit der Technik verbundenen gesellschaftlichen Praxen. Sofern technische Innovationsprozesse in den Blick genommen werden, geschieht dies oft mit einem unkritischen Technikverständnis – im Fokus steht dann die Förderung und gesellschaftliche Implementierung von bestimmten Technologien (z. B. Reallabore des BMWK).

Moderne Gesellschaften sind indes zutiefst durch Technik geprägt. Diese durchdringt sämtliche Lebensbereiche und erweist sich dabei als äußerst ambivalent: bisweilen als nützlich bzw. Teil von Problemlösungen, bisweilen als schädlich bzw. Teil von Problemen. Ein tiefgreifender Wandel der Gesellschaft ist angesichts dessen ohne einen Wandel von Technik (eingebettet in öko-sozio-technischen Systemen) nicht vorstellbar. Dazu zählt nicht zuletzt auch ein Wandel der technik-gestaltenden Prozesse.

Technikfolgenabschätzung hat ihren Ausgangspunkt in der zentralen Bedeutung von Technik für moderne Gesellschaften und versucht, einen Beitrag zu einer (oft ebenfalls ausdrücklich nachhaltigkeitsorientierten) Technikgestaltung zu leisten. Sie verfügt über eine elaborierte Methodik zur Antizipation und Bewertung möglicher Technikfolgen und legt hierfür ein gesellschaftstheoretisch und philosophisch reflektiertes Technikverständnis zugrunde. Verschiedene TA-Konzepte decken eine breite Palette möglicher gesellschaftlicher Ansatzpunkte für Technikgestaltung ab. Im Unterschied zu Reallaboren arbeitet TA bislang jedoch nicht experimentell, und nur selten wird die eigene Rolle als Teil der Transformation verstanden.

Ziel des explorativen Fokusprojekts ist vor diesem Hintergrund die Konzeption und Operationalisierung eines „Reflexiven Reallabors nachhaltige Technikgestaltung (RENATA)“ und insofern eine methodologische Synthese von Reallaborforschung und TA. So soll einerseits das Format „Reallabor“ um eine technikreflexive und -gestaltende Facette konzeptionell erweitert werden. Andererseits soll die TA in theoretischer, methodischer und praktischer Hinsicht im Kontext von Reallaboren als „experimentelle TA“ ergänzt werden. Dabei baut das Projekt auf dem Reallabor-Diskurs der letzten 12 Jahre, der Expertise des KAT und den Erfahrungen des Quartier Zukunft auf und erweitert diese um Konzepte und Methoden der Technikfolgenabschätzung und verwandter technikreflexiver Ansätze.

Fernziel ist, ein solches technikreflexives Reallabor als Prototyp einer neuartigen transdisziplinären Großforschungsinfrastruktur zur Gestaltung öko-sozio-technischer Systeme zu realisieren – und so modernen Gesellschaften eine Möglichkeit zu bieten, den Grad an Rationalität in der Technikgestaltung zu erhöhen und Technik zu einem integralen Bestandteil einer Nachhaltigkeitstransformation zu machen.

Kontakt

Dr. Oliver Parodi
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS)
Postfach 3640
76021 Karlsruhe

Tel.: 0721 608-26816
E-Mail