Ökologische Nachhaltigkeitsbewertung von CO2-entfernender künstlicher Photosynthese im frühen Entwicklungsstadium: Robust genug?
- Projektteam:
Lazar, Lukas (Dissertation)
- Starttermin:
2023
- Endtermin:
2027
- Forschungsgruppe:
Projektbeschreibung
Die Entwicklung neuer Technologien zur Reduzierung oder Abscheidung und Nutzung von CO2 ist von entscheidender Bedeutung, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen und damit die klimabedingten Risiken für die Menschheit zu mindern. Voraussetzung für die Einhaltung dieses Ziels sind netto negative CO2-Emissionen ab 2050, da die CO2-Minderung allein sehr wahrscheinlich nicht ausreichen wird. Eine vielversprechende Option sind dabei Technologien zur photokatalytischen und photoelektrochemischen CO2-Reduktion, auch als künstliche Photosynthese (Artificial Photosynthesis, AP) bezeichnet. Sie ermöglichen eine unmittelbare, potenziell energieeffiziente und umweltfreundlichere Herstellung von Chemikalien und Kraftstoffen, indem sie den Prozess der natürlichen Photosynthese nachahmen. Durch die Nutzung und Verwertung von CO2 könnte AP zu einem negativen CO2-Fußabdruck und zur Reduzierung weiterer Umwelteinwirkungen im Vergleich zu fossilen Produktionsverfahren führen.
Aufgrund ihres geringen Technologiereifegrads (Technology Readiness Level, TRL) sind neue Technologien wie AP-Systeme jedoch nur schwer mit Standardmethoden wie der Ökobilanz (LCA) zu bewerten. Denn zu den bestehenden Unsicherheiten in der Ökobilanzierung kommen neue Herausforderungen hinzu, die mit weiteren Unsicherheiten bezüglich der Vordergrunddaten der Sachbilanz (LCI), der Hintergrunddatenbank, der Wirkungsabschätzungsmethoden (LCIA), der Normierungs- und Gewichtungsansätze sowie der Interpretation der Ergebnisse verbunden sind.
Während Unsicherheiten im Vordergrund- und Hintergrundmodell im Konzept der prospektiven oder Ex-ante-Ökobilanz berücksichtigt werden, gibt es bei der Wirkungsabschätzung, bei der Normierung und Gewichtung sowie bei der Ergebniskommunikation noch keine ausreichende Abbildung der prospektiven Perspektive. Dies gilt insbesondere für die Wirkungskategorie Klimawandel, die in der Ökobilanz eine weit verbreitete Methode zur Entscheidungsfindung und zur Abschätzung der Risiken in Bezug auf den Klimawandel ist. Für die Technologie der künstlichen Photosynthese, die eine CO2-Nutzung in großem Maßstab ermöglichen soll, wurden bisher nur statische Modelle entwickelt, eine prospektive Modellierungsperspektive wurde noch nicht angewendet. Es ist daher unklar, ob die Ergebnisse der Bewertungen robust genug sind und ob die Einstufung der Technologie unter Berücksichtigung von Unsicherheiten Bestand haben wird.
Es stellt sich daher die Frage, ob die Ökobilanz in der frühen Entwicklungsphase einer neuen Technologie wie der AP überhaupt anwendbar ist oder ob die Unsicherheiten so groß sind, dass sie keine zuverlässigen Vergleiche zwischen der Technologie und ihren Referenzproduktsystemen ermöglichen. Darüber hinaus muss untersucht werden, ob sozialwissenschaftliche Methoden, wie z. B. die „Weisheit der Vielen“ (Wisdom of the Crowd), angewendet werden können, um die Bandbreite der Ergebnisse zu verringern.
Mithilfe einer prospektiven Ökobilanz von AP, kombiniert mit methodischer Weiterentwicklung und deren Anwendung, möchte die Dissertation einen Beitrag zur Reduzierung der Unsicherheiten bei der Bewertung neuer Technologien leisten. Darüber hinaus soll die prospektive Ökobilanz von AP unter Berücksichtigung von Unsicherheiten des Vordergrund- und Hintergrundmodells sowie der Wirkungsabschätzung Aufschluss über die potenziellen Ergebnisse und ihre Eintrittswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit von verschiedenen Unsicherheitsparametern geben. Zudem sollen die Ergebnisse probabilistischer Simulationsmethoden mit der Weisheit-der-Vielen-Methode gekoppelt werden, um die Bandbreite der Ergebnisse zu verringern. Hauptziel ist, Technologieentwicklern und Entscheidungsträgern eine transparente und detaillierte Bewertung der künstlichen Photosynthese im Vergleich zu Referenz- und Konkurrenztechnologien zu ermöglichen.
Administrative Daten
Referent: | Prof. Dr. Armin Grunwald |
Koreferent: | N.N. |
Bezugnehmende Projekte: | PRODIGY – Prozessentwicklung in der Gas-Feststoff-Photokatalyse für die Reduktion von CO2 / CO2SimO – Photoelektrochemische CO2-Reduktion und oxidative Wertstoffgewinnung |
Doktoranden bei ITAS: | siehe Promovieren am ITAS |
Kontakt
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS)
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Tel.: 0721 608-22705
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