ComplexEthics. Wahrnehmungs- und Orientierungsinstrument zur ethischen, anthropologischen, soziologischen und informatischen Evaluation komplexer sozio-technischer Arrangements in einer digitalisierten Lebenswelt
- Projektteam:
Böschen, Stefan (Projektleitung ITAS); Camilo Fautz; Reinhard Heil
- Förderung:
BMBF
- Starttermin:
2017
- Endtermin:
2020
- Projektpartner:
Evangelische Hochschule Nürnberg (Koordination), Universität Potsdam, Ludwig-Maximilians-Universität München
- Forschungsgruppe:
Projektbeschreibung
Ziel des Projektes ist es, für komplexe, informatisch vernetzte Welten, die gegenwärtig und in Zukunft im Zuge der umfassenden Digitalisierung und Vernetzung auftreten werden, Orientierungswissen zum Deuten, Bewerten und Handeln empirisch wie analytisch zu erarbeiten und in einem „Handlungsansatz für die Praxis“ zusammenzutragen. Solche informatisch vernetzte Welten werden – zumindest bis auf Weiteres – von Menschen erdacht und konstruiert. Deren Etablierung und Erweiterung wird mit moralischen Gründen wie der Unterstützung von Menschen, der Verbesserung ihrer Lebenssituation oder Lebensqualität oder der Erweiterung menschlicher Möglichkeiten begründet und gerechtfertigt. Die zentrale Grundannahme des Projekts lautet: Die bereits erkennbare bzw. zu erwartende Gestalt informatisch vernetzter Welten wird in ihrer Komplexität alle Menschen in einem erhöhten Maße fordern, sei es in Bezug auf das nötige Orientierungswissen, das Handlungsvermögen oder die Selbstreflexivität. Da die aktuell angewandten Modelle ethischer Reflexion sich nahezu ausschließlich auf Interaktionen zwischen Menschen (bzw. Mensch und Tier) bzw. einfache Mensch-Maschine-Interaktionen und deren Bewertung fokussieren, reichen sie nicht aus, um die komplexen Interaktionsverhältnisse zwischen Mensch und informatischen Technikwelten adäquat erfassen und evaluieren zu können. Um den veränderten gesellschaftlichen und anthropologischen Verhältnissen Rechnung zu tragen, ist daher ein neuer ethischer Reflexionsrahmen und ein methodisches Instrumentarium notwendig, mit Hilfe dessen Orientierung gestiftet werden kann und das Urteilsvermögen geschärft wird.
Das soziologische Teilprojekt übernimmt insbesondere die Aufgabe, eine Analyse konkreter Praktiken von Mensch-Maschine-Interaktionen durchzuführen. In Abhängigkeit von ethisch-theoretisch begründeten Interaktionsszenarien richtet sich dabei der Fokus auf die Beantwortung der folgenden drei Fragen: Auf was richtet sich in Mensch-Maschine-Interaktionen und in Abhängigkeit von unterschiedlichen Interaktionsszenarien die Aufmerksamkeit von Akteuren? Mit welchen Heuristiken zu Situationsdeutung und Situationsbewältigung arbeiten Akteure dabei? Und: Welche moralischen Intuitionen werden dabei artikuliert und welche entfalten auch Wirkung? Diese Aufgabe, Praktiken der Mensch-Maschine-Interaktion zu explorieren, ist im Wesentlichen empirischer Natur. Und sie wird mit Blick auf Nutzerwelten wie auch Konstruktionswelten durchgeführt.
Entscheidend für das hier vorgeschlagene Projekt ist die empirische Untersuchung der Orientierungsweisen von Menschen in informatischen Welten. Aufgrund der Digitalisierung und des Mainstreamings solcher Optionen durch Smartphones ergibt sich eine besondere Formierung von Mensch-Maschine-Interaktionen. Das Vorgehen in diesem Teilprojekt ist wesentlich empirischer Natur. Zugleich dienen aber die systematischen konzeptionellen wie empirischen Analysen von Interaktionsszenarien der Weiterentwicklung des MEESTAR-Modells, welches für die Nutzung in informatisierten Welten als Handbuch aufgesetzt werden soll.
Das im Rahmen des Projekts zu entwickelnde Wahrnehmungs- und Orientierungsinstrument (Stichwort: „Handbuch“) richtet sich an professionelle Wissensarbeiter (wie z. B. Programmierer, Ingenieure), die solche Welten erforschen, konstruieren und in Umlauf bringen.