Heft 2 / 2004 der Zeitschrift „Technikfolgenabschätzung - Theorie und Praxis“ mit dem Schwerpunkt „Nanotechnologie“ erschienen [09.07.2004]
Seit etwa zehn Jahren ist das Thema „Nanotechnologie“ in Deutschland auch für die Technikfolgenabschätzung (TA) ein immer wichtiger werdender Untersuchungsgegenstand. Anlass für die von ITAS herausgegebene Zeitschrift „Technikfolgenabschätzung - Theorie und Praxis“, diesem Thema einen Schwerpunkt zu widmen. Unter dem Titel „Große Aufmerksamkeit für kleine Welten - Nanotechnologie und ihre Folgen“ werden zwei Ziele verfolgt: es wird ein Überblick über die Ergebnisse der wichtigsten TA-Studien aus dem deutschsprachigen Raum zum Thema Nanotechnologie gegeben; und es wird auf methodische wie weiterführende Forschungsfragen in diesem Zusammenhang abgehoben.
Aus dem Kontext des ITAS-Projekts „TA zur Nanotechnologie“ befassen sich Decker / Fiedeler / Fleischer mit Definitionsproblemen der Nanotechnologie, die für den wissenschaftlichen Diskurs eine nicht zu unterschätzende Bedeutung haben. Oertel (TAB) berichtet über die Ergebnisse des TA-Projekts „Nanotechnologie“ des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB), das derzeit als die umfassendste Übersichtsstudie über den Stand von Forschung, Entwicklung und Anwendung in ausgewählten Anwendungsbereichen gilt und dessen Endbericht gerade publiziert wurde (Paschen et al.: Nanotechnolgie. Heidelberg: Springer 2004). Dietz (BMBF) führt ein in die Aktivitäten des BMBF zur Analyse von Chancen und Risiken der Nanotechnologie. Drei Projekte wurden in diesem Rahmen bisher abgeschlossen, die im Folgenden mit ihren Ergebnissen vorgestellt werden: Luther / Malanowski (VDI) behandeln die wirtschaftlichen Potenziale, Steinfeld (IÖW) Nachhaltigkeitseffekte und Farkas/Monfeld (AKM) das Anwendungsfeld „Gesundheit“ der Nanotechnologie. Das Thema Nanotechnologie und Medizin wird auch behandelt von Tiefenauer, der sich auf eine Studie des Schweizer Zentrums für Technologiefolgen-Abschätzung (TA-SWISS) stützt. Speziell den toxikologischen Aspekten der Nanotechnologie gehen Krug / Kern / Diabaté (Forschungszentrum Karlruhe, ITG) nach.
Die abschließenden drei Beiträge des Schwerpunktes, alle aus ITAS bzw. TAB, behandeln methodische Aspekte und zukünftige Forschungsfragen für TA-Projekte zur Nanotechnologie: Fiedeler / Fleischer / Decker untersuchen, ob die Methode des „Roadmapping“ einen sinnvollen methodischen Ansatz für die Technikfolgenabschätzung von sog. „emerging technologies“ wie der Nanotechnologie bieten könnte; Grunwald diskutiert, ob es einer speziellen „Nanoethik“ bedarf, und Christopher Coenen erörtert die Rolle des „Nanofuturismus“ für TA-Studien.
Die Rubrik TA-Konzepte und -Methoden enthält einen Beitrag von Frank Fischer, Rutgers University , New Jersey (USA), der sich aus epistemologischer Perspektive mit der Frage der Diskrepanz in der Beurteilung von Umwelt- und Technikrisiken von Experten einerseits und Bürgern andererseits befasst.
Besonders hervorzuheben ist der Beitrag von Shinichi Kobayashi, RISTEX Research Center, Tokio, in der Rubrik TA-Institutionen. Sein Bericht über „Technology Assessment in Japan: Past, Present and Future“ gibt einen ausführlichen Einblick in die japanische FuE-Szene. Als langjähriger Mitarbeiter von japanischen Regierungsorganisationen zieht Kobayashi vorsichtig optimistische Schlussfolgerungen aus gegenwärtigen Entwicklungen in Wissenschaft und Forschung für die Institutionalisierung von TA in Japan.
In der Rubrik TA-Projekte gibt es zwei Beiträge: Der Bericht von John Grin et al., Universität von Amsterdam, befasst sich mit dem Programme 348 des niederländischen Landwirtschaftsministeriums zu „Future Livestock Systems“, mit dem eine „reflexive Modernisierung“ des niederländischen Landwirtschaftssystems unter Beteiligung aller involvierten Gruppen erfolgreich in Angriff genommen wurde. Der zweite Beitrag stellt am Beispiel der Bergbaufolgelandschaften in den ehemaligen ostdeutschen Bergbauregionen ein Konzept für ein „Informationsmanagement einer Landschaft im Wandel“ vor, das - finanziert mit Mitteln des Landes Sachsen-Anhalt - gemeinsam von der Fachhochschule Merseburg und einem Softwareunternehmen erarbeitet wurde.
Die Rezensionen befassen sich mit zwei Veröffentlichungen zu Nachhaltigkeit und globalem Wandel. Des Weiteren werden die Studie des US Verteidigungsministeriums „An Abrupt Climate Change Scenario and Its Implications for United States National Security“ sowie die Veröffentlichung des Canadian Security Intelligence Service zu „Climate Change, Migration and Security“ kritisch kommentiert. Eine weitere Rezension befasst sich mit „Biofakte. Versuch über den Menschen zwischen Artefakt und Lebewesen“. Ausgangspunkt des Buches ist die philosophische Anthropologie, die gegenwärtig verstärkt den Menschen als „Hybrid“ zwischen Natur- und techniknutzendes Wesen thematisiert. Weitere Kurzvorstellungen von Büchern runden diesen Teil ab.
Die Rubrik Tagungsberichte ist mit fünf Beiträgen gefüllt; u. a. wird über die vierte TA-Tagung des österreichischen Instituts für Technikfolgen-Abschätzung (ITA) berichtet, die am 7. Juni in Wien stattfand. Eine große Anzahl von Tagungsankündigungen vervollständigt diese Rubrik.
Die Neuigkeiten aus ITAS und TAB stehen wie üblich am Ende des Heftes. Hinzuweisen ist hier insbesondere auf die erste Konferenz des „Netzwerks TA“ zum Thema „Technik in einer fragilen Welt. Die Rolle der Technikfolgenabschätzung“ (NTA1, Berlin, 24.-26.11.2004), für die der Call for papers bis zum 22. Juli 2004 läuft. Fortlaufend aktualisierte Informationen zu dieser Konferenz sind dem Informationsangebot des ITAS im Web zu entnehmen (http://www.itas.fzk.de/v/nta1/home.htm). Im Rahmen dieser Konferenz wird sich das „Netzwerk TA“ konstituieren, dessen Gründungsaufruf sich ebenfalls in dieser Rubrik findet.
Die Zeitschrift „Technikfolgenabschätzung - Theorie und Praxis“ erscheint mit 3 Heften im Jahr, parallel als gedruckte und elektronische Version.
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