Die Zeitschrift "Technikfolgenabschätzung" Nr. 3/4, 2002, mit dem Schwerpunktthema "E-Government: Zwischen Vision und Wirklichkeit", online verfügbar [05.12.2002]
Das Schwerpunkt-Thema des Heftes "E-Government - zwischen Vision und Wirklichkeit" wird in acht Beiträgen und einer Einführung beleuchtet. In ihrer Einführung geben G. Bechmann und S. Beck (ITAS) eine Übersicht über das Forschungsfeld und gehen der Frage nach, in wieweit sich E-Government als Leitbild dazu eignet, gesellschaftliche Prozesse der Rationalisierung und Demokratisierung zusammenzuführen. Ausgehend von einem Perspektivenwechsel in öffentlichen Verwaltungen von der Binnen- zur Außenorientierung, als "Dienstleister" am Bürger, der jetzt "Kunde" ist, dient der Technikeinsatz als Mittel zur Steigerung der Effizienz. Ob auch weiter gehende Ziele, wie Demokratisierung und erweiterte Partizipationsmöglichkeiten, mit E-Government erreicht werden können, wird als Frage aufgeworfen. In den folgenden drei Beiträgen werden die gesellschaftstheoretischen Implikationen analysiert: B. Priddat (Universität Witten/Herdecke), befasst sich mit dem Zusammenhang von E-Government und Wissensgesellschaft, J. Tauss (MdB/SPD), J. Kollbeck und N. Fazlic (Referenten der SPD-Bundestagsfraktion) beleuchten in ihrem Beitrag die Funktion von E-Government im politischen Prozeß, S. Giesecke und D. Linse (VDI/VDE-Technologiezentrum Informationstechnik), zeigen die bedenklichen Auswirkungen auf die sozialstrukturellen Zugangschancen zum Internet bei der Einführung von E-Government auf, die zu einer weiteren Zementierung des "Digital Divide" führen könnten. Mit Problemen bei der Implementation auf verschiedenen Verwaltungsebenen (Land, Kommune) setzen sich die Beiträge von T. Schuppan und C. Reichard (Universität Potsdam), L. Holtkamp (Fernuniversität Hagen), sowie P. Behringer (Stadt Karlsruhe) auseinander. Abgerundet wird der Schwerpunkt durch zwei Fallstudien: der Diskrepanz zwischen Angebot und tatsächlicher Nutzung ausgesuchter Stadtportale ("Digitales Rathaus") gehen M. Bechmann und M. Werner (ITAS) nach, G. Fuchs und H. Kastenholz von der TA-Akademie Stuttgart geben einen "Werkstattbericht" über konventionelle und netzbasierte Formen der Bürgerbeteiligung (Bürgerforum, Virtueller Parteitag, Electronic Voting). Im Vordergrund steht dabei die Frage, wie die Bürger selbst das demokratische Potenzial des Internets einschätzen und durch welche Charakteristika Partizipation an ersten E-Democracy-Versuchen gekennzeichnet ist.
In der Rubrik TA-Institutionen werden wesentliche Inhalte des Endberichts und das Umfeld der Arbeit der Bundestags-Enquetekommission "Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen der Globalisierung und Liberalisierung" von einem Beteiligten skizziert. Die zehnjährige Geschichte der TA-SWISS von der Probephase zur erfolgreichen Institutionalisierung wird in einem Beitrag aus der Schweiz nachvollzogen. Die TA-Akademie Stuttgart, die nach zehnjähriger erfolgreichen Arbeit mittlerweile von der Schließung bedroht ist, stellt ihre aktualisierte TA-Dokumentation für Baden-Württemberg sowie das Internetportal "TA-Net-BW" vor, das als Transfer- und Vermittlungsstelle für TA-relevante Kompetenzen und Aktivitäten zur Unterstützung von TA-Forschungsaktivitäten in Baden-Württemberg dienen soll. An der Technischen Universität Dänemarks (DTU), Lyngby, wurde zu Beginn dieses Jahres die Abteilung "Innovation and Sustainability" gebildet, durch die nach langjährigen Bemühungen die Integration von TA und Technik- und Umweltstudien in den Studiengang für Maschinenbau und Fertigungstechnik an der DTU vollzogen wurde.
Im Abschnitt TA-Konzepte und Methoden ist ein Beitrag über methodische Herausforderungen bei TA-Untersuchungen zur Nanotechnologie - einer Querschnittstechnologie mit vielfältigen Implikationen für andere Technologien und großem Innovationspotenzial - zu finden. Die bisherigen und laufenden TA-Arbeiten in Deutschland zur Nanotechnologie werden vorgestellt und Schwerpunkte für zukünftige Forschungsaufgaben identifiziert.
Bei den TA-Projekten werden drei abgeschlossene und zwei noch laufende Studien vorgestellt. Zu den laufenden Studien zählen das Projekt "Nachhaltige Informations- und Kommunikationstechnik" (NIK), in dem mittels der Methode des Roadmapping Verknüpfungsmöglichkeiten zwischen den Herausforderungen des nachhaltigen Wirtschaftens mit der Entwicklung zur Informationsgesellschaft aufgezeigt werden sollen. Im zweiten Beitrag steht die Auswertung einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage über den Zusammenhang von Technik-Interesse und Einstellung zur Entsorgung atomarer Abfälle in Deutschland im Mittelpunkt. Diese Befragung wurde von ITAS im Rahmen der Arbeiten des vom Bundesministerium für Umwelt eingerichteten "Arbeitskreises Auswahlverfahren Endlagerstandorte" (AkEnd) durchgeführt. Die bereits abgeschlossenen Studien betreffen eine Monitoring-Studie des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) zum Thema Kernfusion (Stand der Entwicklung, Potenziale und Risiken), die Studie "Identifying and assessing national research activities on Sustainable Development", die das Ziel hatte, die Forschungsaktivitäten verschiedener EU-Mitgliedsländer zu Nachhaltiger Entwicklung zu erfassen und in Hinblick auf zukünftige gemeinsame EU-Aktivitäten zu bewerten. Außerdem werden die Erfahrungen und die Ergebnisse der ersten deutschen Consensus Conference zur Gendiagnostik dargestellt.
Die Rezensionen befassen sich mit zwei Publikationen zur Interdisziplinären Technikforschung. Außerdem wird der Bericht der Europäischen Akademie Neuenahr-Ahrweiler über "Klimavorhersage und Klimavorsorge" vorgestellt und kommentiert.
Die Tagungsberichte enthalten einen Beitrag über die Kooperationstagung "Eine Erde für alle. Geowissenschaften und Philosophie im Dialog" des Forschungsinstituts für Philosophie, Hannover, und der Gesellschaft für Umweltgeowissenschaften in Celle, einen kurzen Bericht über die zweite österreichische TA-Konferenz in Wien zum Thema "TA im Spannungsfeld von Markt, Regulierung und Partizipation", einen Bericht von der Jahrestagung der International Society of Technology Assessment in Health Care (ISTAHC 2002) in Berlin sowie vom Wissenschaftssymposium Logistik in Magdeburg.
Im Diskussionsforum widmet sich Armin Grunwald (erneut) dem Verhältnis von TA und Wirtschaft vor dem Hintergrund einer neueren internationalen Untersuchung des VDI zu dem Thema.
Die ITAS-News berichten u. a. von den EU-Projekten Foresight on Information Society Technologies in the European Research Area (FISTERA) und Technology Assessment in Europe: between Method and Impact (TAMI), an denen ITAS jeweils als core-member beteiligt ist. Außerdem wird das vom BMBF geförderte ITAS-Projekt über Innovationsstrategien für neue Techniken und Dienste zur Erreichung einer nachhaltigen Entwicklung im Verkehr vorgestellt.
In den TAB-News werden die neuen Forschungsthemen Biometrische Identifikationssysteme, Präimplantationsdiagnostik und Neue Formen des Dialogs zwischen Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit sowie die neueren Veröffentlichungen vorgestellt.
Weiterführende Links:
- Zum Inhaltsverzeichnis des Heftes 3/4, 2002 von "Technikfolgenabschätzung - Theorie und Praxis" hier