Erfolgreicher Workshop "Experimentelle Gesellschaft" [28.03.2014]
Der Workshop „Experimentelle Gesellschaft – das Experiment als wissensgesellschaftliches Dispositiv?“ wurde vom 20.02.2014 bis 21.02.2014 mit großem Erfolg vom ITAS in Zusammenarbeit mit Matthias Groß (UFZ Leipzig / Friedich-Schiller-Universität Jena) und Wolfgang Krohn (Universität Bielefeld) durchgeführt.
Gegenstand des Workshops war die Bedeutungsvielfalt der Idee des experimentellen Handelns und der Spielarten experimenteller Praktiken in der gesellschaftlichen Modernisierung. Der Workshop diente dazu, im Rahmen einer interdisziplinären Erkundung sich dem Thema des Experiments nicht nur mit Blick auf unterschiedliche gesellschaftliche Handlungsbereiche, sondern auch aus dem Blick von verschiedenen disziplinären Zugängen zu nähern. Auf diese Weise ergab sich ein vielschichtiges Bild von wesentlichen Forschungsproblemen, die bei der weiteren Behandlung des Experiments als wissensgesellschaftliches Dispositiv zu adressieren sind.
Im Folgenden drei Punkte, die sich aus dem Workshop ergaben.
Erstens lässt sich aufweisen, dass Experimentieren seit der Neuzeit einen wesentlichen Produktionsmodus von Wissen darstellt, bei dem die Grenzen des jeweils bis dato Gewussten systematisch verschoben werden sollen. Mit der Etablierung dieser Handlungspraxis wurden institutionelle Grenzen der Wissenschaft gezogen, die sich mit dem Erfolg des Experimentierens immer weiter in die Gesellschaft hinein verschoben. Jedoch lässt sich nicht behaupten, dass es gleichsam eine lineare Ausbreitungsgeschichte zu erzählen gilt. Vielmehr zeigen Sprachanalysen, dass die Nutzung des Experiment-Begriffs Konjunkturen unterlag und unterliegt. Insofern ist es aufschlussreich, diese Konjunkturen nachzuzeichnen, um die Verbreitung des Experiment-Begriffs genauer kontextualisieren zu können.
Zweitens hat sich auf dem Workshop gezeigt, dass die weite Verwendung des Experiment-Begriffs zunächst eine Debatte eröffnet, weil er dazu einlädt, verschiedene Praktiken des Ausprobierens in den Blick zu nehmen. Jedoch stellt sich in einem nächsten Schritt die Herausforderung, den analytischen Gebrauch des Experiment-Begriffs von einem empirischen zu unterscheiden und ihn kriteriell abzusichern. Die Kunst besteht darin, diesen aus einem engeren epistemischen Horizont zu lösen, ohne dabei aber die Qualität des systematischen Wissenserwerbs aus dem Blick zu verlieren und das Konzept ins Beliebige ausfransen zu lassen.
Drittens wurde deutlich, dass mit dem Experiment-Begriff gezielt Settings gesellschaftlichen Erprobens untersucht werden können, bei denen es gerade zu einer Kooperation von heterogenen Akteuren kommt. Soziale Innovationen oder Reallabore waren hier entsprechende konzeptionelle Annäherungen und Energiewende, Climate Engineering wie Ökodörfer betrachtete Phänomene.
Dieser kleine Ausschnitt verdeutlicht, dass es einer Fülle von interessanten Fragen nachzugehen gilt. Diese haben zugleich für die Technikfolgenabschätzung einigen Belang. Denn mit dem Übergang von einer Politik- zur Gesellschaftsberatung lässt sich auch argumentieren, dass dies einen Übergang zu Verfahren experimenteller Erprobung bedeutet, für die politisch die entsprechenden institutionellen Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen. Der Technikfolgenabschätzung fiele dann die Aufgabe zu, nicht allein „Blaupausen“ für die soziale Organisation solcher Prozesse zu entwickeln, sondern insbesondere auch den Aspekt des Wissenserwerbs systematisch zu unterstützen. Technikfolgenabschätzung für „experimentelle Politik“ wäre dann die Losung.
Zu diesem Workshop wird es in der Ausgabe 2/2014 von „Technikfolgenabschätzung – Theorie und Praxis“ einen ausführlicheren Bericht geben.
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